01.08.2012

Entwickler gestalten Wandel

Sobald Unternehmen die Weichen grundlegend neu stellen wollen, beginnt das Ringen um die Umsetzung der geplanten Veränderungen. Das Entwicklungsressort der BMW Group hat sich in seinem aktuellen Projekt E-Change LIFE dieser Herausforderung gestellt.

Datum: 12/2011
Janus Forum 12/2011

„Führender Anbieter von Premium-Produkten und Premium-Dienstleistungen für individuelle Mobilität“, so lautet die strategische Zielsetzung, die die BMW Group auf ihrer Website formuliert. Ein Zukunftsbild, das die Verantwortlichen des BMW-Entwicklungsressorts sicher vor Augen hatten, als sie 2007 die Bereichsstrategie E3 lancierten, welche sich wiederum aus der Gesamtstrategie „Number ONE“ des BMW-Konzerns ableitet. E3 fokussiert als konsequente Umsetzung dieser Unternehmensstrategie auf die Faktoren „Effizienz“, „Erfolg“ und „Emotion“ – und deren Einfluss auf die Arbeit des Entwicklungsressorts. Standen zunächst Projekte zu den Parametern „Erfolg“ und „Effizienz“ im Vordergrund, konzentriert sich seit 2008 das Projekt E-Change LIFE, orientiert an der Ressort-Strategie, auf das gemeinsame Verständnis von Zusammenarbeit.

Dabei gehen die Bayern einen ganz neuen Weg: Das Veränderungsvorhaben wurde basierend auf den Kernpunkten der Entwicklungsstrategie und insbesondere den fünf Geschäftsprinzipien des Entwicklungsbereichs durch 24 ausgewählte Führungskräfte von innen heraus gemeinsam mit Entwicklungsvorstand Dr.-Ing. Klaus Draeger entwickelt. Die Fachleute der hauseigenen Change Management Beratung standen diesem Kernteam intensiv beratend zur Seite und begleiten die Führungskräften bis heute bei der Umsetzung. In die Prozessarchitektur des Veränderungsvorhabens hat auch Janus-Geschäftsführerin Martina Goldhorn ihre Expertise eingebracht. Die Bühne selbst jedoch gehört der Führungsmannschaft. Entstanden ist ein vielschichtiges, hochkomplexes Change-Projekt, das den rund 8.000 Mitarbeitern des Entwicklungsressorts (E-Ressort) die strategischen Botschaften des Bereichs sowie die daraus abgeleiteten fünf Geschäftsprinzipien näher bringen soll.

Mit einem Mix aus Information und aktiver Mitgestaltung soll jeder einzelne Bereichsmitarbeiter die Strategie verinnerlichen und für sich in Alltags handeln über setzen. Moderationstandems aus Führungskräften des oberen und mittleren Managements führen 1,5-tägige Workshops durch, zu denen alle Mitarbeiter des Ressorts eingeladen sind. Jede involvierte Führungskraft tritt so zusätzlich zu ihren täglichen Aufgaben zwei bis drei Mal mit einem zufällig ausgewählten Kollegen eines anderen Fachbereichs an, um gemeinsam mit den Teil nehmern die anstehenden Themen zu bearbeiten. Bis zum Projektende werden rund 500 Workshops stattgefunden haben.

Diesen Treffen vorangestellt sind dreitägige Befähigungsworkshops, die die beteiligten Führungskräfte darauf vorbereiten, mit den Mitarbeitern prozessorientiert die Veränderung voran zu treiben. „Wir verfolgen einen dialoggeprägten Ansatz, die Führungskräfte müssen zunächst selbst verstehen, was das Besondere an E-Change LIFE ist“, sagt Barbara Forster, die als Change Management Beraterin das Projekt leitet. Zwei Tage der Moderatoren-Schulung finden in Aying bei Janus statt. „Dann geht es darum, mit den Führungskräften den Ernstfall, der definitiv kommt, zu üben“, erklärt Martina Goldhorn, die das BMW-Projekt bei Janus verantwortet. In der Trainingseinheit steht das Zu sammenspiel von transaktionaler und transformationaler Moderation, zwischen Anleiten und Begleiten, im Vordergrund. Martina Goldhorn erklärt: „Vorgesetzte sind in der Regel geübt, vor Gruppen zu stehen, zu moderieren und ergebnisorientiert zu führen, doch hier müssen sie etwas ganz anderes machen, nämlich Menschen für Veränderung gewinnen und Raum für Dialog und persönliche Beteiligung geben“. Augenhöhe herzustellen, die Mitarbeiter-Sicht auf Dinge ernst zu nehmen, Teilnehmer im Widerstand zu akzeptieren und Raum für eigene Erkenntnisse zu geben, sei auch für erfahrene BMW-Führungskräfte in der Regel herausforderndes Terrain. Die Führungskräfte müssten lernen, Gruppendynamik zu verstehen, genau hinzuhören, auf Meinungen einzugehen – und dabei immer Orientierung zu geben.

„In den Mitarbeiter-Workshops geht es nicht darum, die Teilnehmer auf Inhalte zu schubsen, sondern einen Erkenntnisprozess von innen heraus zu moderieren“, präzisiert Change Management Beraterin Barbara Forster. Deshalb wird in der Moderatorenausbildung abwechselnd aus Teilnehmersicht und in der Moderatorenrolle geübt. „Der Perspektivenwechsel bringt wertvolle Einsichten und verändert die Führungskultur im Bereich“, gewinne dialogorientierte Führung von innen heraus zunehmend Raum. Die Ableitung von Erkenntnissen für die alltägliche Führungsarbeit steht mit auf dem Programm. Vera Wiegand, Leiterin der BMW Change Management Beratung, sieht in den Trainings einen Ausgangspunkt für das Gelingen des gesamten Veränderungsprozesses: „Die praxisbezogenen Befähigungsworkshops sind einer unserer Erfolgsfaktoren, sie geben Anstoß, Neuland zu erkunden, die Komfortzone zu verlassen und vermitteln nach erlebtem Erfolg das positive Gefühl‚ die Herausforderung gemeistert zu haben“. Die Teilnehmer lernten in ihrer Moderatorenrolle zudem die Anwendung anderer Führungselemente, die ihren Alltag nachhaltig verändern.

Die Klammer über E-Change LIFE – und vermutlich heimliches Erfolgsrezept – ist das Thema Kooperation. Über das Projekt wurde kooperatives Handeln im E-Ressort weiter in die Tat umgesetzt: In den Moderations-Tandems der Führungskräfte, im Projektmanagement von E-Ressort und Change Management Beratung und letztlich über die inneren Prozesse der Führungskräfte im gelebten (Führungs-) Alltag des Bereichs.

E-Change-LIFE in Zahlen

(bis Projekt-Abschluss Mitte 2012)

  • 8.000 Mitarbeiter im E-Ressort der BMW Group
  • 400 Führungskräfte als Trainer Tandems
  • 40 Befähigungsworkshops als Basis der Moderation
  • 500 Mitarbeiter-Workshops zum Wandel

"Die Akzeptanz ist überdurchschnittlich hoch."

Der aktuelle Veränderungsprozess im Entwicklungsressort der BMW Group verlangt den involvierten Führungskräften einiges ab. Ein Gespräch mit Wolfgang Kranz, Leitung Ressortstrategie. (12/2011)

Sie beschreiten im Projekt E-Change LIFE neue Wege. Was ist anders als bei früheren Veränderungsvorhaben?

Der besondere Ansatz hat den Durchbruch ermöglicht: Die bereits vorhandene und aufeinander abgestimmte Strategie des Entwicklungsressorts und unsere fünf Geschäftsprinzipien bildeten den Grundstein und es konnten inhaltliche Eckpunkte gesetzt werden. Ziele wurden vom Entwicklungsvorstand vorgegeben und die Führungskräfte methodisch unterstützt. Den Rest haben diese selbst entwickelt und damit zu „ihrem Ressort-Projekt“ gefunden.

Welche Rolle spielen die Führungskräfte des Entwicklungsbereichs genau?

Im Rahmen unseres Multiplikatorenansatzes sind wir von einem starken Führungskräftekernteam (24 von 400 oberen und mittleren Führungskräften) ausgegangen. Dass dieses Kernteam hauptverantwortlich das Konzept gestaltet hat, war ausschlaggebend für die hohe Akzeptanz sowohl bei den folgenden Führungskräfte-Kollegen als auch der Workshop-Teilnehmer. Selbstreflexion, hohe Motivation bei der Strategie-Umsetzung und vor allem die Vorbildfunktion der Führungskräfte ist entscheidend um die Veränderungsbereitschaft aller zu fördern.

Sie meinen Identifikation durch Handeln?

Ja. Unsere Führungskräfte sollen Verantwortung im Veränderungsprozess übernehmen und sich selbst intensiv mit der Strategie auseinandersetzen, um diese im Dialog überzeugend vermitteln zu können. Dabei setzen wir auf einen integrativen Ansatz. Zudem haben wir das Freiwilligkeitsprinzip sowohl bei den Führungskräften als auch bei internen Trainern, Moderatoren und Teilnehmern anfangs sehr stark betont.

Wie ist die Akzeptanz der Beteiligten für geforderten besonderen persönlichen Einsatz?

Die Akzeptanz ist überdurchschnittlich hoch. Individuelle Gründe für den persönlichen Einsatz sind beispielsweise der Wusch, das eigene Netzwerk zu erweitern, Neugierde und die Gestaltungsmöglichkeit der Veränderungen. Was besonders gut ankommt, ist die ausgiebige praxisnahe Befähigung. Die Leute freuen sich aber auch über die kleineren Dinge wie die Trainerjacke, die verteilt wurden. Die Teilnahme der Führungskräfte am Projekt wird im Personalentwicklungsprozess thematisiert und auch honoriert.

Was sind aus Ihrer Sicht die kritischen Erfolgsparameter von E-Change LIFE?

Der Erfolgsbringer dieses Riesenprojektes ist für mich das früh lancierte und gelungen umgesetzte Zusammenspiel zwischen den internen Beratungsprofis für Veränderungsprozesse, vertreten durch Barbara Forster, und uns Strategieverantwortlichen, vertreten zunächst durch Frank Seidel und heute durch Hans-Joachim Wagner. Während die einen wissen, welche Rahmenbedingungen und Lernsettings notwendig sind, damit sich Verhalten nachhaltig verändern kann, haben die anderen große Erfahrung mit bereichsspezifischen Besonderheiten, der strategischen Ausrichtung sowie dem projekthaften Aufsetzen von Prozessen. Gemeinsam haben wir es geschafft, ein sehr ambitioniertes Vorhaben mit zahllosen Beteiligten erfolgreich umzusetzen.

 

 

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Martina Goldhorn
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