26.05.2014

Die 6 verschiedenen Sprachen der Wertschätzung

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Wertschätzung ist eines unserer zentralen Bedürfnisse. Wertschätzung signalisiert uns, dass wir „dazu gehören“, dass wir „gesehen werden“ und Wertschätzung gibt uns Orientierung und Sicherheit. Jeder von uns hat eine eigene „Sprache“ entwickelt, wie er Wertschätzung ausdrückt und wie er Wertschätzung gezeigt bekommen möchte.

(Auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir hier den leicht veränderten Text eines Janus-Handouts, das wir in Führungs- und Konflikttrainings, in Teamentwicklungen und Coachings verwenden.)

Dies ist seine „Muttersprache“ der Wertschätzung. Zufriedenheit im Berufsalltag (und auch im privaten Alltag) hängt entscheidend davon ab, dass wir unsere eigene „Muttersprache“ kennen und die „Sprache“ der Anderen sprechen lernen. Wertschätzung wird erst dann als solche verstanden, wenn die „richtige“ Sprache getroffen wurde. Davon hängt ab, ob unser „Wertschätzungs-Tank“ voll oder leer ist.

Nicht mehr sondern das Richtige tun!

Sprache Nr. 1 – Kräftigende und anerkennende Worte – „Words of Affirmation“

Die drei häufigsten Fehler

  • Wertschätzung wird nicht ausgesprochen („Nicht geschimpft, ist genug gelobt…“)
  • Anerkennung wird zwar ausgesprochen, ist jedoch nicht die bevorzugte Wertschätzungssprache des Gegenüber
  • Anerkennung kommt nicht von Herzen und wird „planmäßig“ verteilt

Zwei Schritte zur authentischen / echten Anerkennung

  1. Vorüberlegung
    - Was hat mein Mitarbeiter, Kollege, Chef getan oder gelassen,
       was für ihn (und nicht nur für mich) ganz individuell eine Leistung ist?
  2. Anerkennung aussprechen und Dank sagen
    Es soll verbalisiert werden:
    - Was habe ich beobachtet?
    - Was bedeutet es für mich?
    - Welches Anliegen oder Bedürfnis von mir wurde dadurch erfüllt?

Dinge für die es sich lohnt, sich zu bedanken oder diese wertzuschätzen

  • Genauigkeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Unterstützung etc.
  • Vollständige und ansprechend aufbereitete Unterlagen
  • Das Einhalten der „Spielregeln“ in einem Projekt/Meeting (z.B. Vertraulichkeit, Ausreden lassen)
  • Energie und Freude, die jemand einbringt
  • Gute Teamarbeit
  • Mut, seine kontroverse Meinung zu äußern (hilft Klarheit zu gewinnen; zeigt, dass die Person innerlich dabei ist)
  • Das Meistern einer schwierigen/herausfordernden Situation
  • „Da sein“ (bei Personen die neu im Berufsfeld sind, sich noch einarbeiten und noch nicht mit Kompetenz glänzen können)

Herausforderungen

  • Anerkennung tatsächlich in Worte fassen und aussprechen
  • Grundhaltung „Nicht geschimpft, ist genug gelobt…“ ablegen
  • Die Anerkennung ehrlich und aufrichtig vermitteln (Glaubwürdigkeit) und nicht nur Lob des Lobes wegen äußern („Plastiklob“)

Sprache Nr. 2 – Ungeteilte Aufmerksamkeit für den Anderen – „Quality Time“

Darum geht es

  • Dialog, qualitativen Austausch und gemeinsame wertvolle Zeit
  • Dialog entsteht, indem man von sich selbst etwas preis gibt (z.B. Wünsche, Gefühle, Betroffenheit, bewegende Momente) und so den Gesprächspartner zum Austausch einlädt
  • Dialog bedeutet, dem Gegenüber wirklich zuzuhören und wirklich verstehen zu wollen (nicht nur Anwesenheit und Blickkontakt sondern durch Fragen und Deutungen des Gehörten das Gegenüber unterstützen)

Möglichkeiten der Umsetzung

  • Mitarbeitergespräche
  • Kleingruppendialoge (manche Menschen sind in kleinen Gruppen mutiger und offener, wenn sie nach ihrer Meinung und Vorschlägen gefragt werden, als im Zweiergespräch mit dem Vorgesetzen)
  • Anliegen von Mitarbeitern am Besprechungstisch diskutieren und dafür vom Schreibtisch aufstehen (weniger Ablenkung durch Handy und PC)
  • Gemeinsames Mittagessen
  • Bei Meetings dafür sorgen, dass das Team dem Vortragenden so lange zuhört, bis alle verstanden haben, um was es geht (beim Vortragenden nachfragen, ob er sich verstanden fühlt; zusammenfassen, was man selbst bisher verstanden hat)
  • Bei Meetings dafür sorgen, dass nicht jede Wortmeldung eines anderen dazu genutzt wird, eigene Ideen weiterzuentwickeln
  • Auf Sätze mit „ja, aber…“ achten („ja, aber…“ heißt meist nein und macht alles zuvor Gesagte wertlos)
  • Bei Meetings Flipchart nutzen und das Gehörte notieren (zeigt dem Sprechenden, dass seine Ausführungen als wichtig erachtet und wertvolle Informationen gesichert werden)

Herausforderungen

  • So lange zuhören und die eigene Perspektive zurückhalten, bis der Andere sich wirklich verstanden fühlt
  • Nicht in Kategorien „Problem“ und „Lösung“ denken und keine vorschnelle Lösung präsentieren (zerstört den Dialog und Austausch)
  • Ungestörte Umgebung schaffen und Ablenkungen nicht nachgehen (Telefon/Handy, PC…)

Sprache Nr. 3 – Dienstleistungen/Hilfsbereitschaft – „Acts of Service“

Darum geht es

  • Dienen und leisten – helfen und bereit sein
  • Größere und kleinere Dienste, die für Andere aus Wertschätzung und Verbundenheit erbracht werden

Beispiele für die Umsetzung

  • Hilfe anbieten/Aufgabe übernehmen, wenn jemand überlastet ist
  • Bei Überlastung besprechen, wie Aufgaben neu organisiert werden können, indem Prioritäten geändert werden oder ein Teil der Arbeit an andere Mitarbeiter übergeben wird
  • Jemand Dritten bitten, dem Anderen zu helfen
  • Publik machen, was ein stiller und zurückhaltender Kollege im Hintergrund geleistet hat
  • Bei „präsentationsängstlichen“ Mitarbeitern Präsentation übernehmen oder gemeinsam präsentieren
  • Bei „chaotischen“ Mitarbeitern für Planung und Struktur sorgen
  • Texte „druckreif“ formulieren, wenn Mitarbeiter nur Stichworte liefern können

Voraussetzungen für die Unterstützung anderer

  • Die eigenen Aufgaben und Verantwortungsbereiche müssen abgedeckt sein
  • Erst fragen, ob Hilfe erwünscht ist, bevor man hilft
  • Freiwilligkeit; wenn jemand beauftragt wird, den Bedürftigen zu unterstützen, sollte die unterstützende Person eher gefragt als beauftragt werden
  • Eigene positive Einstellung
  • Sich der Arbeitsweise und den Vorstellungen über die Ergebnisse des Anderen anpassen
  • Hilfestellung nicht abbrechen

Herausforderungen

  • Handeln, leisten und dienen – statt sich zu ärgern oder frustriert zu sein
  • Mit Freude „dienen“ und rechtzeitig Grenzen setzen
  • Die Falle: Das Image des Retters und Helfers in der Not ist nicht mehr loszuwerden und / oder: Vor lauter Dienst-Leistung die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen

Sprache Nr. 4 – Gesten, die von Herzen kommen und berühren – „Tangible Gifts“

Darum geht es

  • Passende Gesten, Aufmerksamkeiten, kleine Geschenke, die von Herzen kommen (es kommt nicht auf die „Größe“ des Geschenks bzw. der Geste an) zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, aber auch zwischen Kollegen
  • Der wirkliche Wille etwas zu schenken (das Gegenüber sollte einem wichtig sein)
  • Keine „Standardgesten“ („rote Rosen“ wirken nicht immer)

Fragen auf dem Weg zum passenden Geschenk

  • Was hat das Gegenüber öfter erwähnt, was er oder sie gerne hätte?
  • Was würde sich das Gegenüber selbst schenken, wenn er oder sie sich belohnen oder trösten will?
  • Wann hat eine Geste/ein Geschenk ins „Schwarze getroffen“? (mehr davon)

Beispiele für die Umsetzung

  • Dinge, die die Firma günstiger bzw. kostenlos bekommt, bzw. zu denen sie leichter Zugang hat, als Privatpersonen (z.B. Eintrittskarten zu bestimmten Events)
  • Kleine Gesten zu Weihnachten, Ostern, Geburtstag, überraschend auf den Schreibtisch gestellt
  • Geburtstagskarten, mit der Hand geschrieben und mit persönlichem Satz
  • Eis an heißen Sommertagen
  • Notizbuch für jedes Teammitglied als Tagebuch (mit unterschiedlichen Einbänden und persönlicher Widmung)
  • Alltagsgesten (z.B. Tür aufhalten, heruntergefallenen Gegenstand aufheben, ein Lächeln, einen Zeitungsartikel für jemanden ausschneiden)

Herausforderungen

  • Gesten, die zeigen, dass man sich wirklich gedanklich mit jemand Anderen befasst hat finden und die Übergabe so gestalten, dass der Andere dies spürt
  • Das richtige Geschenk für die richtige Person (nicht jeder freut sich über die selben Dinge)
  • Die Falle: Routinegesten / -geschenke (jeden Freitag gibt es Kuchen für alle…)

Sprache Nr. 5 – Persönlicher/körperlicher Kontakt – „Physical Touch“

Darum geht es

  • Uns ist nicht bewusst, wie wichtig für manche Menschen körperliche Berührung ist
  • Der körperliche Kontakt passiert in der Regel unbewusst und beiläufig. Der Vorteil: Wir können diese oft kurzen körperlichen Kontaktaufnahmen sehen, da sie immer wieder passieren

Beispiele für die Umsetzung

  • Hand geben, Schulter/Rücken klopfen
  • High-Five
  • Beim Kompliment aussprechen, die Hand auf die Schulter legen
  • Eine Umarmung

Herausforderungen

  • Persönliche Grenzen kennen und respektieren
  • Die Fallen: Standardverhalten und Kumpanei

Sprache Nr. 6 – Vertrauen und Zutrauen – „Empowerment“

(Diese Sprache wird von Gary Chapman nicht genannt. Unsere Erfahrung mit Führungskräften zeigt jedoch, dass dies immer wieder als große Wertschätzung erlebt wird, so dass wir diese 6. Wertschätzungssprache hinzufügen wollen.)

Darum geht es

  • Anspruchsvolle Aufgaben werden mit einer Haltung übertragen, die signalisiert, dass man diese dem Gegenüber auch zutraut
  • Eines unserer wichtigen Bedürfnisse – gestalten dürfen, wachsen können, Einfluss haben – wird gesehen und honoriert
  • Vertrauen entsteht insbesondere dadurch, dass Signale ausgesendet werden, dass man auch bei Schwierigkeiten und Hindernissen dem Anderen den Rücken stärkt

Beispiele für die Umsetzung

  • Leitung eines anspruchsvollen Projekts
  • Entscheidungen auch eigenverantwortlich treffen zu dürfen
  • Gestaltbare Freiräume geben

Herausforderungen

  • Grenzen des Gegenübers erkennen. Diese Menschen neigen dazu, sich selbst an Grenzen zu treiben
  • Den „Rücken stärken“, auch wenn Fehler oder Misserfolge auftreten und trotzdem kritisches Feedback geben. Entscheidend ist die Haltung! Hilfreich sind die Feedback-Regeln
  • Selbst in den Hintergrund treten zu können und die „Lorbeeren“ zu gönnen
  • Die Falle: Ungeliebte Themen zu delegieren, um sie los zu werden – das wird schnell durchschaut…

Drei Fragen um die eigene Sprache zu finden

  1. Was kränkt mich ganz besonders am Verhalten der Anderen? – Das Gegenteil davon ist wahrscheinlich meine bevorzugte Sprache.
  2. Was erbitte ich besonders häufig von meinem Gegenüber? – Das, was ich mir am meisten wünsche, ist wahrscheinlich für mich auch der klarste Wertschätzungsbeweis.
  3. Auf welche Weise bekunde ich selbst vorzugsweise Wertschätzung anderen gegenüber? – Die Sprache, die ich überwiegend benutze, würde wahrscheinlich auch mir die Botschaft vermitteln, wertgeschätzt zu werden.

Das, was ich leicht, häufig, ohne Mühe und spontan tue, ist meine Sprache!

Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Wertschätzung Anderer

  1. Die eigenen Sprachen kennen.
  2. Fähigkeit zum Perspektivenwechsel, um treffende Annahmen über den Anderen zu machen.
  3. Die zwei bevorzugten Sprachen der Wertschätzung des Anderen erkennen, indem ich beobachte, welche Wertschätzungssprache mein Gegenüber vorzugsweise benutzt. Diese Art der Wertschätzung will er/sie nämlich in aller Regel auch zurückbekommen.
  4. Die favorisierte Sprache des Anderen nutzen, wenn Anerkennung ausgedrückt werden soll. (Die größte Herausforderung existiert, wenn die bevorzugte Sprache des Anderen diejenige ist, die für mich unbedeutend ist oder die ich bis dato erst gar nicht kannte.)

Wertschätzung kann man lernen! 

Und ganz nebenbei entsteht mehr Freude im Team und in der Zusammenarbeit – auch zu Hause.

Viel Spaß!

LITERATURANGABEN
Gary Chapman/Paul White: The 5 Languages of appreciation in the Workplace. 2011

 

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Josef Beil
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