26.04.2016

Reinventing Janus (2) - Tagebuch einer Metamorphose

In unserem Newsletter-Artikel "Reinventing Janus (1) - Transformation am eigenen Leib", haben wir Ihnen versprochen, Sie über unseren holakratischen „Ritt auf der Welle“ auf dem Laufenden zu halten. Lesen Sie hier über unsere Erfahrungen, Erlebnisse und (Miss-)Erfolgsfaktoren der letzten Monate auf dem Janus-Weg…

Sucht man in Wikipedia den Begriff der Metamorphose, findet sich folgendes:

Eine Metamorphose (altgriechisch μόρφωσις mórphōsis „Gestaltung“) ist die evolutionäre Anpassung einer Pflanze an ihre jeweiligen Umweltbedingungen, um ihr Überleben unter den unterschiedlichsten Lebensbedingungen zu gewährleisten. Dies gelingt ihr im Verlauf ihrer Entwicklung, indem sie ihre Grundorgane entsprechend den notwendigen neuen oder zusätzlichen Aufgaben umwandelt.

So... und was hat das jetzt mit Janus zu tun?

Auch wir sind mitten in der Entwicklung, uns an eine sich verändernde Welt anzupassen – weg von einer „ganz normalen“ Firma mit Chefs, Mitarbeitern und traditionell gelebten Hierarchien, hin zu einer evolutionären, holakratischen Organisation – eine völlig neue Form, Gestalt und Lebensweise unseres Unternehmens.

Und was genau heißt es, holakratisch zu arbeiten? Gerald Mitterer fasst in seinem Aufsatz „Holacracy – ein Fleischwolf für organisationale Entscheidungsprozesse“ sehr treffend zusammen: „Holacracy ist ein Betriebssystem. Und ähnlich wie bei einem Computer ordnet es die basalen Regeln des Zusammenspiels und des Informationsflusses innerhalb eines Systems.“
Das bedeutet, es regelt die grundsätzlichen Spielregeln für den Ablauf von Entscheidungsprozessen in Organisationen – jenseits klassischer Hierarchie-, Delegations- und Eskalationsmodelle.

Jedes holakratische Unternehmen sieht deshalb anders aus, denn es organisiert sich rund um seine Primär-Aufgabe und seinen Seins-Zweck. Und ähnlich wie in der Metamorphose der  Pflanzenwelt, entwickelt es sich ständig weiter. Die Struktur – hauptsächlich geprägt durch die Zusammenarbeit in dauerhaften und temporären Kreisen – ist lebendig, wird immer wieder den Erfordernissen des aktuellen Geschäftsgeschehens angepasst und ermöglicht dadurch agiles und wertschöpfungsorientiertes Arbeiten für alle Beteiligten.

Wir befinden uns also seit September 2015  im neuen „Betriebssystem“ und in weiten Teilen hat es bereits unsere ganz eigene Janus-Struktur mit sich gebracht. Alle wichtigen Unternehmensfelder und -funktionen werden von Kreisen gesteuert, die sehr strukturiert und diszipliniert arbeiten. Dabei haben wir für uns festgestellt, dass die Prinzipien der „reinen Lehre“ (Holakratie nach dem Begründer Brian Robertson) an mancher Stelle ein etwas zu enges Korsett für Janus sind und haben deshalb begonnen, einige zentrale Tools weiter zu entwickeln und zu ergänzen.

Wo stehen wir im Moment?

Im Spannungsfeld zwischen Kraftquelle und Kraftakt.

Wir erleben viel Bewegung und Beweglichkeit … allerdings manches Mal bis zur Belastungsgrenze. Die neue Form der Selbstverantwortung und kreativen Mitgestaltung aktiviert und mobilisiert … kostet aber auch Kraft und macht zusätzliche Arbeit. Die umfassend gelebte Transparenz in allen Unternehmensbereichen schafft große Verbundenheit … bewirkt zwischendurch aber auch ein „zu viel“ an Informationsdichte. Gleichzeitig merken wir, dass sich Verantwortung schnell auf viele Schultern verteilt hat, dass viele Ideen kraftvoll angepackt werden und dass wir sehr schnell gut getragene Entscheidungen miteinander erwirtschaften.

Wichtige Lern- und Erfahrungsfelder sind im Moment für uns, eine gute Form zu finden, uns gegenseitig in verdaulichen Mengen über die Arbeitsergebnisse aus den einzelnen Kreisen zu informieren und anschließend – dort wo notwendig – eine gute Dosierung für nachträgliche Einflussnahmen zu finden. Uns weiter heran zu tasten, wie wir gerade für gewichtige Entscheidungen (z.B. bezüglich Ressourceneinsatz, Investitionskosten, Reichweite fürs gesamte Unternehmen...) einen passenden Weg entwickeln, um allen ein ausreichendes Sicherheitsgefühl und dort wo es sinnvoll ist, auch frühzeitige Einbindung zu ermöglichen (z.B. Beachten von Expertenwissen, das außerhalb des Kreises vorhanden ist, Einbeziehen von Historie etc.).

Hier die Balance zwischen Reflexion, schnellen Lernschleifen und gemeinsamer Justierung einerseits und einem eingespielten Betrieb andererseits zu halten, ist eine unserer täglichen Herausforderungen. Denn „nebenbei“ beraten wir weiterhin unsere Kunden, entwickelt unser Backoffice hochkarätige Konzepte und Angebote, wird unser Offenes Seminarprogramm wie immer professionell organisiert und gestaltet, werden Buchhaltung, Finanzen und Rahmenverträge verlässlich und rechtssicher aufgesetzt und, und, und.

Wenn ich ins Team hinein höre, sind das typische Stimmen zu unserer Veränderung:

  • "Ich finde es spannend, weil ich verschiedene Bereiche kennen lerne, die ich sonst nicht kennen lernen würde. Zu vielen Themen würde ich sonst vielleicht gar keinen Zugang zu haben – es macht die Leute bereiter selbst zu denken, auch die, die primär nicht betroffen sind."
  • "So langsam gewöhne ich mich daran – und es macht wirklich Freude und ist effektiv."
  • "Das ist genau mein Ding!"

Unser gemeinsames Resümee bislang

Wir bedienen miteinander größere Hebel, sind agiler und innovationsfreudiger und gerade bei den Mitarbeitern entfalten sich durchweg neue und sehr kraftvolle Potenziale! Außerdem arbeiten wir in den Kreisen immer effizienter, da die Treffen zunehmend gut vorbereitet sind und konsequent strukturiert auf der Basis von Vorschlägen und dem „Spannungs-Prinzip“ gearbeitet wird.

Die nächsten Schritte

Im Frühsommer werden wir einen gemeinsamen BoxenStop im Team einlegen und Zwischenbilanz ziehen und im Herbst steht wieder unsere Janus-Klausur in den Bergen an – um viele Lern-Erfahrungen reicher und hoffentlich weiterhin mit dem positiven Gefühl, das uns nach wie vor beflügelt.

Unsere Erfolgsfaktoren… 
Unsere Haltung,
uns als Team die unternehmerische Verantwortung zuzutrauen und wirklich zu übertragen.
Die Entscheidung,
unseren individuellen Weg zu gehen anstatt dogmatischem „So macht man es!“ zu folgen.
Eigene Tools für unser Janus-Betriebssystem
neu zu erfinden bzw. vorhandene Hola-Tools weiterzuentwickeln.
Der Fokus auf effiziente Kreis-Meetings
(Zeit nehmen im Team, um die Tools zu vertiefen und gemeinsam zu üben).
Eine veränderte Entscheidungskultur
Schnelle Entscheidungen für einen möglichen nächsten Schritt statt langwierige Suche nach der „richtigen“ Entscheidung.
Eine bewusste Fehlerkultur
Wir versuchen nicht Fehler zu vermeiden, sondern schnell aus diesen zu lernen. Realität als unbestechlichen Feedback-Geber nutzen!
Ein Team,
das Lust auf Verantwortung und Gestaltung hat und erfahrungsfreudig ausprobiert.

 

*Mitterer, Gerald (2015): Holacracy – ein Fleischwolf für organisationale Entscheidungsprozesse. In: Eschenbach/ Meyer/ Schober/ Horak (Hrsg.) (2015): Management der Nonprofit-Organisation – Bewährte Instrumente im praktischen Einsatz.

 

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Martina Goldhorn
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martina.goldhorn@janusteam.de