Konflikte konstruktiv begleiten (3): Lösungsräume eröffnen
Man sollte es so deutlich sagen: Die allermeisten Konflikte in Unternehmen haben – wenn auch nicht unbedingt und immer ihre Ursache – ihre unausgeschöpfte Lösungsmöglichkeit im Verhalten der zuständigen Führungskraft (Das ist ja mindestens ein Vorteil von Hierarchie: Einer, und zwar genau einer, ist verantwortlich.).
Mitarbeitende müssen nicht harmonieren. Sie müssen sich nicht lieb haben. Sie dürfen Konflikte haben. Sie dürfen sich (übereinander) ärgern. Und all‘ das tun sie auch und es ist an sich kein Problem. Ein Problem für das Unternehmen entsteht dann, wenn Leistung von Einzelnen oder des Teams leidet / nicht optimal ist.
Dies rechtzeitig festzustellen und Gegenmaßnahmen einzuleiten, ist Aufgabe des:der Chef:in. Wenn der:die Chef:in die Führungsklaviatur einigermaßen beherrscht, also mit Mitarbeitenden gut in Kontakt und einfühlsam ist, keine allzu große Angst vor Konflikten und klaren Worten hat, zudem etwas von Rollenklärung, geeigneten - zusammenarbeitsförderlichen - Prozessen und Strukturen versteht, dann wird er:sie sehr weit kommen. Ein:e Konfliktbegleiter:in würde ihm:ihr – nach erfolgter Diagnose - ggfs. einen Coach an die Seite stellen, der:die ihn:sie dabei unterstützt, seine:ihre Führungshebel optimal einzusetzen. Und ihn:sie ansonsten freundlich dabei beobachten, wie er:sie nach und nach die Konfliktherde bearbeitet und beseitigt.
Lösungsräume
- Lösungsraum „Führungshandeln“
Der wichtigste Lösungsraum besteht also im konkreten Führungshandeln des:der Chef:in, ggfs. unterstützt durch einen Coach. In diesem Raum werden auch die härteren, personalwirtschaftlichen Instrumente ausgelotet und eingeleitet: Abmahnungen, Versetzungen, Entlassungen. Denn der:die Chef:in darf und sollte, z.B. in echten Mobbing-Fällen und ganz im Gegensatz zum:zur Konfliktbegleiter:in, in Konflikten (auch) die Rolle eines :einer Richter:in einnehmen (können). Manchmal ist es richtig und wichtig, den Konfliktverursacher:innen zu benennen und zur Verantwortung und Rechenschaft zu ziehen.
- Lösungsraum „Teamentwicklung“
Dieser Raum involviert zusätzlich zum:zur Chef:in das Team der Konfliktbeteiligten. In einer gemeinsamen Sitzung und unter kompetenter – interner oder externer – Moderation werden Befindlichkeiten und Feedbacks ausgetauscht, so dass Lernen und Entwicklung stattfindet. Solche Teamentwicklungen haben oft starke positive Wirkungen auf die Zusammenarbeit … wenn es gelingt, auf grundsätzlich wertschätzende Weise für einen Selbstbild-Fremdbild-Abgleich bei den Konfliktbeteiligten (und darüber hinaus) zu sorgen. Diesen Lösungsraum sollte man eröffnen, wenn der Konflikt nicht mehr klar isolierbar ist und im Team Kreise gezogen hat. Dann ist es meist günstig, wenn das Team die Schritte zur Konfliktklärung mit begleitet und erlebt. Die Begleitung in diesem Lösungsraum nennen wir Teamentwickler:in oder Teamcoach.
- Lösungsraum „Klassische Mediation“
Im Auftrag der Führung und – wichtig! – nachdem die Führung ihre Möglichkeiten ausgeschöpft hat, entwickeln die Konfliktbeteiligten in einem strukturierten Verfahren und mit Begleitung eines:einer Mediator:in ihre Lösungen. Mediation findet meist auf hoher Konflikt-Eskalationsstufe statt, oft in Zusammenhang mit oder kurz vor einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung. Das ist auch richtig so, denn wenn Mediation standardmäßig in niedrig eskalierten Konflikten zur Anwendung käme, würde Führung abgewertet und ausgehöhlt werden. Es gehört zu den wichtigsten Verantwortungen und Lernfeldern von Führung, mit Konflikten konstruktiv umzugehen.
- Lösungsraum „Konfliktseminar“ oder „Konfliktcoaching“
Jede:r der Konfliktbeteiligten hat einen starken Hebel und die Entscheidungsfreiheit zur Verfügung, den Konflikt zu beseitigen oder zumindest zu entschärfen. Im Konflikttraining / -coaching werden die Beteiligten dabei unterstützt, ihren jeweiligen Hebel kompetent zu betätigen: Den eigenen Konfliktstil und typische Muster zu reflektieren, Verhaltensalternativen zu erkennen und einzuüben, die Sicht auf das Gegenüber zu verändern und vieles mehr. Die Begleiter:innen in diesem Lösungsraum heißen Trainer:in oder Coach.
In der Praxis werden manchmal – je nach Intensität und Strahlkraft des Konfliktes – die genannten Lösungsräume hintereinander oder parallel geschaltet.
Zwei Rollen bei der Konfliktbegleitung
Wir bei Janus machen gute Erfahrungen damit und plädieren dafür, die Rolle des:der Konfliktbegleiter:in (erstellt die Konfliktdiagnose und empfiehlt Lösungsräume; in der Regel ein:e Mitarbeiter:in aus der Personalentwicklung / -betreuung, ein:e erfahrene:r Kolleg:in oder ein:e externe:r Berater:in) und die Rolle des:der Begleiter:in in den jeweiligen Lösungsräumen (Coach, Teamentwickler:in, Mediator:in, Trainer:in) zu unterscheiden und – falls möglich – personell zu trennen. So wird sichergestellt, dass
- der:die Konfliktbegleiter:in konsequent Partei nehmen kann für das effiziente / effektivste Vorgehen im Sinne des auftraggebenden Unternehmens und
- der:die Begleiter:in im Lösungsraum – seiner:ihrer Rolle entsprechend – an der Seite des:der jeweiligen Klient:innen stehen und Vertraulichkeit gewährleisten kann.