Reinventing Janus (1) - Transformation am eigenen Leib
Die Welle reiten! So lautet unsere Headline zum Thema Change-Begleitung auf der Janus-Website. Ja, das klingt sportlich, aktiv und nach Flow. So fühlt sich Veränderung auch manchmal an. Aber manchmal auch ganz anders. Beides spüren wir am eigenen Leib.
Klare Rollenverteilung und Hierarchie
Unser vor einigen Jahren neu eingeführtes Rollenprofil für die Geschäftsführer:innen und Gesellschafter:innen sowie der Aufbau von mehr Strukturen und Abteilungen, mit klarer Hierarchie und damit verbundener Verantwortungsverteilung, machte vieles schneller, fühlte sich klarer und geordneter an. Kein Wunder: Wachsende Unternehmen tun genau dies, oft mit Erfolg. Warum sollte dies nicht auch bei uns klappen? Erstaunlicherweise stieg der Anstrengungspegel (und die Unzufriedenheit) bei uns allen an. Etwas stimmte nicht.
Passte unser Versuch, mehr Management und mehr Hierarchie zu etablieren doch nicht so gut zu den Janus-Menschen und unserer Absicht, ein Maximum an Selbstverantwortung bei den Mitarbeitenden und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu realisieren? Waren wir gescheitert? - Wir, mein Geschäftsführungs-Kollege Carsten Zerulla und ich, sollten zunächst eine innere Transformation durchlaufen. Denn wir standen ja ganz besonders für dieses neue Janus und identifizierten uns vollkommen damit. Wir erleben es als große Herausforderung, uns von etwas zu verabschieden, was augenscheinlich nicht wie erhofft und nicht dauerhaft funktioniert hat, etwas, woran wir geglaubt und wofür wir uns mit aller Kraft eingesetzt haben.
Doch: Was war die Alternative? Auf welche Reise sollten wir uns begeben, welche Welle wäre zu reiten?
Unser blinder Fleck
Als Berater:innen haben wir in solchen Fällen meist gute Ideen für unsere Kunden. Beschäftigen wir uns doch alltäglich professionell mit innovativen Methoden zur Begleitung von Veränderungen, zur Klärung schwieriger (strategischer) Themen in den Kunden-Organisationen und – vor allem – mit leistungsfähigen, modernen Organisationsformen. Unser Blick war daher konsequent nach außen auf unsere Kunden gerichtet, doch schnell und gezielt schlich sich die Erkenntnis ein: diese innovativen Ansätze brauchen wir auch!
Es sind die Arbeitsformen, die mit eher flexiblen Hierarchien, maximaler Selbstverantwortung, Stärkenorientierung und mit dem Vertrauen in Menschen und ihre Konfliktfähigkeit zu tun haben, die uns dabei mehr als andere begeistern, weil sie unserer bisherigen Arbeitsweise und unseren Überzeugungen entsprechen.
Und wir entdeckten, dass es durchaus bewährte Organisationsformen gibt, die diese Prinzipien sehr konsequent in Strukturen und Prozessen abbilden.
Evolutionäre Organisation und fließende Rollen
Wir empfinden es als eine anspruchsvolle Reise, unseren ganz individuellen janusgerechten Entwicklungsweg zu finden. Vielleicht wirkt unser Wollen großspurig… doch angereichert mit den empfehlenswerten, guten, methodischen Ansätzen ist unser Wunsch nach einer evolutionären Organisation, in der holakratisch, in flexiblen Rollen, mit Freude und Erfüllung gearbeitet wird, deutlich spür- und sichtbar. Was das konkret heißt?
Für uns sind nach bisherigem Wissens- und Erfahrungsstand dies die wesentlichen Aspekte des holakratischen Januswandels:
- Anstelle von formalen hierarchischen Strukturen etablieren wir Kreise mit flexiblen Hierarchien und Fokus auf bestimmte unternehmensrelevante Themen (z.B. Vertrieb, Personal, Finanzen, Kunden- und Produktentwicklung etc.).
- Die Kreisbesetzung folgt dem Prinzip, dass derjenige:diejenige, der:die besondere Fähigkeiten, Erfahrungen und Berufung zu einem Thema hat, sich einem Kreis anschließen kann. Die Größe eines Kreises ist natürlich nicht beliebig, sie richtet sich danach, dass jemand vertreten ist, der:die
a) Erfahrung hat und
b) an der operativen Umsetzung des Themas beteiligt ist.
Dies gewährleistet, dass Entscheidungen dort getroffen werden, wo das meiste Wissen und auch die Umsetzungskraft vorhanden ist. - Und zuletzt das Einüben / Erlernen neuer Regeln in der Kommunikation und der Entscheidungsfindung im „Janus-System“.
Wir sind uns bewusst, dass wir noch eine gewisse Wegstrecke vor uns haben bis die Kreise etabliert und arbeitsfähig sind. Wahrscheinlich werden wir noch manches Tal der Tränen durchwandern, da es für den:die eine:n zu langsam oder zu lauwarm, für den:die andere:n zu schnell oder zu radikal geht. Hoffnung macht uns, dass es sich richtig anfühlt und wir ein Unternehmen sind, in dem die Mitarbeitenden neugierig und offen sind für diese neue Arbeits- und Organisationsform und ihre Ängste und Bedenken in kluge Fragen, Ideen und Rückmeldungen packen.
Also reiten wir aktiv die Welle, bereiten uns auf den höchsten Punkt vor und wenn sie bricht ("Peak" oder "Impact Zone" nennen die Surfer diese ganz besondere und heikle Stelle), werden wir als Organisation die neue Struktur leben (lernen).
Was dann passiert?
… wir halten Sie gerne über unseren persönlichen „Ritt auf der Welle“ auf dem Laufenden.
Ausgewählte Quellen unserer Inspiration:
- Boos, Frank, Fink, Franziska & Mittlerer, Gerald (2015): „Von Wissenden zu Lernenden“ – Wenn Organisationsberater sich selbst verändern. Organisations Entwicklung 1(2015)
- Laloux, Frederic (2015): "Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit." München: Verlag Franz Vahlen GmbH.