Von klassischer Hierarchie zu geteilter Führung
Reinventing Janus - ein Expeditionsbericht zum Change bei Janus, veröffentlicht in der Zeitschrift "Organisationsberatung, Supervision, Coaching" (2019) 26
Ein ausführlicher Bericht und ein Blick durch's Schlüsselloch bei Janus. Weitgehend ungeschminkt, das hat kurz nach der Publikation ein geschätzter Kollege eloquent anerkannt: " ... ich habe eben in der OSC Ihren Bericht zur Entwicklung von Janus mit großer Freude gelesen. Mit Freude nicht deshalb, weil ich inhaltlich allem zustimmen würde, sondern weil mir Stil, Offenheit, Abwägungen, Selbstreflexion und das Bedachtsame daran gefällt. Man merkt, wie viel Ringen und Ausprobieren, auch wie viele Enttäuschungen zu leisten waren, um voran zu kommen bzw. etwas Eigenes zu kreieren. Zudem schimmert einiges vom Nicht-Veröffentlichbaren durch die Zeilen und das bei viel Wertschätzung für sich und alle Beteiligten. Respekt! Ich wünsche weiter gutes Gelingen ..."
Schön! Und so fing alles an...
Kapitel 1
Die Vorgeschichte - oder wie es kam, dass wir aufbrechen mussten
Bricht man zu einer Expedition auf, dann beginnt die Geschichte der Reise meist zu einem deutlich früheren Zeitpunkt. Unser „Fernweh“ zeichnete sich im fünfköpfigen Gesellschafter-Team schon vor Jahren ab. Wir waren als Beratungsunternehmen für Organisationsentwicklung, Teamentwicklung und Persönlichkeitsentwicklung immer schon bereit, Dinge anders zu versuchen und unsere Firma zu einem besonderen Ort zu machen, der die Verbindung von Wirtschaftlichkeit und Lebensfreundlichkeit möglich macht. Die Bedeutung von Führung und Zusammenarbeit als wichtigen und entscheidenden Kern propagierten wir dabei nicht nur in unseren Kundenprojekten, sondern machten sie auch zum Gegenstand eines permanenten eigenen Suchprozesses für uns selbst. Wir verwendeten immer wieder Zeit darauf, zu erforschen, wer wir als Organisation sind, wer wir sein und wohin wir aufbrechen wollten.
Wir waren seit über 20 Jahren erfolgreich am Markt und ordentlich gewachsen. Mit einem 20-köpfigen Kernteam und rund 40 freien Mitarbeitern bedienten wir vor allem Kunden im deutschsprachigen Raum mit Inhouse-Projekten und unserem Offenen Seminarprogramm. Wir waren stolz, eines der ersten Ausbildungsinstitute für Coaching gewesen zu sein und eine eindrucksvolle Kundenreferenzenliste beisammen zu haben. Unser Fokus bestand lange Zeit darin, die Janus-Produkte weiterzuentwickeln, gute neue Mitarbeiter auszusuchen, auszubilden und getreu unserer Vision zusammenzuarbeiten. Was in der Rückschau fast zu idyllisch klingt, war oft ein anstrengender Prozess, und er wog vor allem für uns Gesellschafter zunehmend schwerer. Wir wollten ein Unternehmen sein, das im Außen professionell und erfolgreich ist und gleichzeitig „drinnen“ eine gute Zusammenarbeit und Chance für Verantwortung und Gestaltung bietet.
Und wir taten in dieser Situation in einem Kraftakt erst einmal das, was damals (und meist auch heute noch) alle ordentlichen Unternehmen tun, wenn sie wachsen: Wir führten klare Rollenprofile für die Geschäftsführer, Gesellschafter und Mitarbeiter ein und bauten effiziente Strukturen, Projektprozesse und Abteilungen mit eindeutiger Hierarchie und damit verbundener Verantwortungsverteilung. Warum sollte dies nicht auch für uns funktionieren? Erstaunlicherweise stieg der Anstrengungspegel (und die Unzufriedenheit) bei uns allen an. Etwas stimmte nicht. Das einzig Gute: Alles schien auf den ersten Blick klarer und geordneter. Doch unsere Sehnsucht nach mehr Leichtigkeit, Geschwindigkeit, Innovationskraft und stärkerer Mitgestaltung erfüllte sich nicht. Wir Gesellschafter blieben die Engpass-Faktoren, die in allen Themen als Zugpferde gefordert waren, Richtung geben und entscheiden sollten.
Zweifel beschlichen uns: Passte unser Versuch, mehr Management und mehr Hierarchie zu etablieren, doch nicht so gut zu uns und unserem Team? Oder brauchten wir vielleicht noch mehr davon? Wo standen wir mit unserem eigentlichen Ziel, mehr Selbstverantwortung bei den Mitarbeitern und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu realisieren? Waren wir gescheitert? Wir standen vor der Wahl, das Bestehende weiter zu verbessern oder rigoros neu zu denken. Wir waren in einem sehr grundsätzlichen Konflikt – nicht nur in uns selbst, sondern auch im Gesellschafter-Kreis. Diesen meisterten wir im Rückblick vor allem deshalb, weil wir durch unsere Zusammenarbeit über viele Jahre eine ausreichende Vertrauensbasis miteinander hatten: Ein Teil der Runde entschied sich für „neu denken“, und der andere Teil vertraute diesem und hielt still. Was war also nun die Alternative? Auf welche Reise sollten wir uns stattdessen begeben?
Die gesamte Veröffentlichung des Expeditionsberichts finden Sie hier.